Warum Jeff Bezos' Trauung uns guttut. Die Zukunft des Deutschlandtickets steht auf der Kippe. Ein letztes Mal. Und was sonst heute noch wichtig wird. 

Liebe Leserin, lieber Leser,

jetzt mal Butter bei die Fischeier: Dass der drittreichste Mensch der Welt heute zum zweiten Mal den Bund für's Leben eingeht, ist mir völlig egal. So egal, dass ich die ersten Worte meines letzten morgen|sterns darauf verschwende. Sie merken schon.

Mit Klatsch ist es wie mit Werbung: Niemanden interessiert es, aber alle konsumieren. Da sind wir Meister des Selbstbetrugs, attestieren uns falsche Immunität.

Sie natürlich ausgenommen, liebe Leser. Dass Ihre Nachbarn Eheprobleme haben, Ihr Kollege aus dem Nichts befördert wurde, Ihr bester Freund trotz Schulden einen neuen Audi fährt? Ihnen doch egal! 

Nein, ist es nicht. Und das ist okay. Wir alle lieben Klatsch. Und Boulevard, das ist Klatsch als Gemeingut, ein Insider für alle. Harmlos – solange wir die Grenze kennen.

Events wie die Bezos-Hochzeit sind wichtig. Weil sie Tage der offenen Tür sind, an denen wir nicht nur durchs goldene Schlüsselloch spinksen, sondern ungeniert gaffen, unserem einsamen Neid gemeinsam frönen können. Sie sind aber auch deshalb so wichtig, weil wir ein Ventil brauchen. Mal ehrlich: Ist es nicht unendlich erholsam, nach dem Nachrichtenhorror der vergangenen Wochen einfach einmal gepflegt über das unverschämte Glück anderer zu schimpfen? Endlich wieder ein Luxusproblem! 

Hochzeit in Venedig Die Wandlung des Jeff Bezos: Vom spiddeligen Nerd zum Glamour-Gatten

Finden wir uns also damit ab: Tratschen, Lästern, Boulevard, das sind menschliche Grundbedürfnisse. In Maßen natürlich, klar. Aber heute ist Cheatday. Also fühlen Sie sich nicht schlecht, gönnen Sie Ihrer Moral eine Pause. Es wird noch früh genug wieder bitterernst.

Genossen auf Findungssuche

Apropos humorbefreit: Der SPD-Parteitag beginnt. Drei Tage suchen die Genossinnen und Genossen sich selbst. Chef Lars Klingbeil bangt zu Recht um die Zuneigung der Sozialdemokraten. Kassiert er die Quittung für seinen doch recht monarchischen Führungsstil? Darauf blicken nicht nur die Zweckfreunde von der Union gespannt, sondern auch die stern-Politikchefs in der neuen Folge ihres "5-Minuten-Talk":

Deutschlandticket für immer! 

Manche Eltern zögern den Moment, da sie ihrem Nachwuchs zum ersten Mal etwas Süßes erlauben, so lange wie möglich hinaus. Sagte man mir zumindest. Von Kindern habe ich noch weniger Ahnung als von Boulevard. Aber das Prinzip leuchtet mir ein. Etwas vorzuenthalten ist schließlich deutlich einfacher, als etwas abzugewöhnen. Nun werden wir mit dem Alter nicht unbedingt flexibler.

Das Deutschlandticket ist eines dieser Privilegien, die wir, nachdem wir uns einmal daran gewöhnt haben, nicht mehr missen wollen. Nun könnte genau das aber passieren. Die Verkehrsminister der Länder beraten beziehungsweise feilschen heute mit ihrem Bundeskollegen Patrick Schnieder um die Zukunft der derzeit 58 Euro teuren Fahrkarte. Es ist nämlich noch völlig unklar, ob und, wenn ja, wer ab 2026 für unser aller lieb gewonnenen Freifahrtschein aufkommen soll. Die Länder wollen, oh Wunder, den Bund blechen lassen. Den Verkehrsbetrieben ist im Grunde egal, wer zahlt, solange der absurde Rechnungstanz endlich aufhört.

Weil Sie meine Meinung brennend interessiert: Mir ging es nie ums Geld. Das hat sehr wenig mit meinem Gehalt, aber sehr viel mit meinem Hang zur Bequemlichkeit zu tun. In eine U-Bahn zu steigen, ohne mir über Tarifzonen, Nachtzuschläge und Kombipreise Gedanken machen zu müssen? Für mich das pure Alltagsglück.

Was heute sonst noch ansteht

  • Die dritte und finale Staffel der südkoreanischen Netflix-Serie "Squid Game" startet. Hätte mich nicht gewundert, wenn sie hier in Seoul heute einen spontanen Nationalfeiertag ausrufen, so omnipräsent wie die Werbung hier ist
  • Rollt den Fernsehwagen rein! Heute ist in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen der letzte Schultag vor den großen Ferien. In anderen Bundesländern müssen die Schüler noch ein bisschen länger durchhalten. In NRW ist zum Beispiel am 11. Juli, in Bayern erst am 1. August Abpfiff
  • Heute ist Digitaltag in Deutschland. Ich weiß, das klingt nach Satire. Ist es aber nicht. Die Initiative "Digital für alle" hat bundesweite Aktionen geplant. Na dann mal ran ans Modem!
  • Der Bundeskanzlerempfängt heute seinen Kollegen aus Österreich. Nach dem Gipfelmarathon ja fast schon romantisch, diese Zweisamkeit

Die fernöstliche Weisheit des Tages 

Jetzt kann ich sagen, was ich zu Beginn angedeutet habe: Das hier war mein letzter morgen|stern. Nach vier Wochen Seoul geht es für mich morgen nach Hause. Ich hoffe, Sie hatten auch nur halb so viel Spaß beim Lesen, wie ich beim Schreiben.

Und keine Sorge, die Ablöse ist geregelt. Schon ab dem 7. Juli starten Sie mit meinem famosen Kollegen Rune Weichert in den Morgen. Dann aus Tokio. 

Zu Hause ist es immer noch am schönsten

Sosehr mich diese Stadt durch ihre unbeschreibliche Imposanz, ihre schier grenzenlose Vielfältigkeit und ihre oft unverhoffte Eleganz wirklich jeden Tag aufs Neue beeindruckt hat – ich habe Heimweh.

Vielleicht liegt das auch daran, dass mir als einsamem Rheinländer die koreanische Distanziertheit von Beginn an fremd war und bis zum Schluss fremd blieb. Fremder als die Sprache, die Musik oder das Essen. Ich freue mich auf mein erstes Kölsch mit fremden Freunden.

Trotzdem möchte Ihnen eine Reise nach Südkorea unbedingt ans Herz legen. Dieses Land wird Sie verzaubern, da bin ich mir sicher. 

Ich wünsche Ihnen ein großartiges Wochenende – annyeonghi gyeseyo!

Ihr

Yannik Schüller

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